Rede von Irmgard Bobrzik in der Sitzung des Rates zum Komplex Rathaus II und Saalbau am 15.2.2022
Wie lebenswert eine Stadt ist, definiert sich nicht in erster Linie über ein Rathaus II. Bottrop braucht Orte für Kultur, Veranstaltungen, Ausstellungen, Kommunikation und Begegnungen. Dafür steht insbesondere der Saalbau. Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie unentbehrlich der Saalbau für die Stadt ist.
Seit wann werden neue Anforderungen für das gesellschaftliche Leben einer Stadtgesellschaft mit der Abrissbirne beantwortet? Auch ein Saalbau kann an die veränderten und neuen Anforderungen angepasst werden! Mit dem über 100 Jahre alten Rathaus unserer Stadt haben wir es beispielhaft vorgemacht.
Bottrop wird künftig die einzige Großstadt im Ruhrgebiet sein ohne ein Veranstaltungszentrum wie dem Saalbau. Selbst Gladbeck hat ein attraktives Kulturangebot in der Mathias-Jakobs-Stadthalle. In einem Leserbrief der WAZ von letzter Woche heißt es: „Saalbau ein Juwel. Die Gruppe, die den Saalbau erhalten will, wird der unkritischen Schwärmerei bezichtigt. Zu dieser Gruppe gehöre ich auch und sehe mich nicht als unkritische oder schwärmerische Bürgerin dieser Stadt. Der Saalbau wird seit langem totgeredet. Ohne Grund! Er ist, ähnlich wie das Quadrat und das Heinrich-Heine-Gymnasium, ein städtisches Juwel. Die Akustik im Lichthof ist für Konzerte gut, aber der Sitzkomfort, der Eingang, die Garderobe, die Toiletten sind denkbar unbequem und antiquiert. Das Hören und Sich-Wohlfühlen war im Saalbau viel besser. Also: Bitte nicht abreißen, aktivieren, füllen!“
Ich möchte an die Entstehungsgeschichte des Saalbaus erinnern. Die SPD Bottrop hatte 1969 eine Wahlzeitung herausgegeben mit dem Titel: Auch in Bottrop keine halben Sachen! Zum besseren Leben – die bessere Stadt! Dort schrieb die SPD: „Um den kulturellen Ansprüchen zu genügen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Bevölkerung zu fördern, ist in der nächsten Amtsperiode des Rates der Bau einer Stadthalle durchzuführen. Die sozialdemokratischen Ratsmitglieder werden alles dransetzen, um diese Absicht fristgerecht zur Tat werden zu lassen.“
Der Saalbau „war politisch gewollt und ein Angebot an die Bürger, ein bewusster Beitrag zur Selbständigkeit der Stadt. Man muss den Saalbau auch als einen besonderen Teil der Daseinsfürsorge für die Bürger einer Stadt ansehen“, unterstreicht der ehemalige Stadtdirektor Norbert Wallmann in seiner Veröffentlichung „50 Jahre Stadtentwicklung Bottrop von 1950 – 2000“.
Der Saalbau hinterlässt eine Lücke, die auch mit der Nutzung des Lichthofes der Berufsschule oder der Kulturkirche Heilig Kreuz nicht geschlossen werden kann. Natürlich gibt es auch Alternativen zu einem Abriss des Saalbaus. Der Parkplatz westlich des Gleiwitzer Platzes, ursprünglich als ein Standort für ein Theater gedacht, bietet sich nach Meinung der DKP als eine Lösung für ein Rathaus II an.
Diese Alternative wurde bewusst nie geprüft, weil SPD; CDU; Grüne, ÖDP und FDP im Rat der Stadt sich auf einem Abriss des Saalbaus und der Vermarktung des städtischen Filetgrundstückes festgelegt haben. Statt den Saalbau zu erhalten und zu modernisieren, soll das neue Verwaltungsgebäude, nach Vorstellungen der Verwaltung, so konzipiert werden, dass es wiederverwertbar sein wird und kostengünstig abgerissen werden kann. Diese Ex und Hopp Vorstellung ist beschämend und zeigt die ganze Kulturlosigkeit der Verwaltung und damit der Stadt Bottrop nach außen hin.
Mit der vorgelegten Kostenschätzung für den neuen Verwaltungsbau wird die Skandalgeschichte der Rathausrenovierung fortgesetzt. Danach sollen die Kosten 140 Millionen Euro betragen. Die jährliche Steigerung der Baupreise wird mit nur 4 Prozent berechnet. Die Fertigstellung soll bis Ende 2029 erfolgen. Bis dahin werden sich die Kosten auf über 200 Millionen Euro verteuert haben!
Die DKP lehnt einen Abriss des Saalbaus und die Errichtung eines städtischen Verwaltungsgebäudes dort ab. Für diese Haltung erhalten wir sehr viel Zustimmung in der Bevölkerung.